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75 Jahre Bauverein Glückauf GmbH Ahlen, 2001
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Sehr
geehrte Damen und Herren,
75 Jahre alt zu werden ist heutzutage keine Seltenheit mehr
das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für Wohnungsgesellschaften.
Trotzdem ist es natürlich ein Anlass, kurz auf Geleistetes zurückzublicken,
zu gratulieren und alles Gute zu wünschen. Bei der Lebenserwartung
von Menschen und Wohnungsgesellschaften sind die Umstände einer
Geburt wichtig. Über einen längeren Zeitraum und damit historisch
betrachtet kommt auch dem Zeitpunkt der Geburt eine zentrale
Rolle zu. Die folgenden Ausführungen widmen sich dem Zeitpunkt
der Entstehung des Bauvereins Glückauf im übertragenen
Sinne: seiner Geburtsstunde im Jahre 1926.
In einer Zeit des schnellen Wandels ist es
mir schon von Berufs wegen ich bin Historikerin - ein Bedürfnis,
auf übergreifende und längerfristige Entwicklungen aufmerksam
zu machen. Nicht alles, was wir heute als gegeben für die menschliche
Gesellschaft annehmen, ist selbstverständlich für sie. Aus
Anlass der heutigen Feier mag als ein Beispiel dafür, wie schnell
grundsätzlicher Wandel sich vollziehen kann, die Änderung
der Lebenserwartung gelten. In der Antike betrug die Lebenserwartung
durchschnittlich etwa 20 Jahre, noch um 1875 vor gerade einmal
125 Jahren und zu Beginn der Industrialisierung - lag sie in Deutschland
bei 35 Jahren, heute beträgt sie in den Industriestaaten etwa
70 Jahre für Männer und 77 für Frauen. Die menschliche
Lebenserwartung ist geschichtlich beeinflusst von der Wohnungswirtschaft
und hat wiederum Auswirkungen auf diese: Im Kampf gegen Krankheiten
und eine frühe Sterblichkeit wollten Wohnungsreformer hygienischen
und gesunden Wohnraum schaffen. Im Zuge der Individualisierung
und Demokratisierung unserer Gesellschaft sollte dieser den breiten
Schichten der Bevölkerung zugute kommen - eine Tradition,
in der auch der Bauverein steht.
Der Zeitpunkt der Gründung des Bauvereins
Glückauf, also der seiner Geburt, im Jahre 1926 war
außerordentlich erfolgversprechend: Die Sterne für eine
lange Lebenserwartung als Wohnungsgesellschaft (in der Form einer
GmbH) standen sehr günstig. Zum einen übernahm die Weimarer
Republik mit ihrer Verfassung erstmalig eine staatliche Verantwortung
für die Deckung des Wohnungsbedarfes der Bevölkerung. Wörtlich
hieß es hier: Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird
von Staats wegen in einer Art und Weise überwacht, die Missbrauch
verhütet und dem Ziele zustrebt, jedem Deutschen eine gesunde
Wohnung und allen deutschen Familien, besonders den kinderreichen,
eine ihren Bedürfnissen entsprechende Wohn- und Wirtschaftsheimstätte
zu sichern. In der Folge wurden nach 1924 in beträchtlichem
Umfang öffentliche Mittel für den Sozialen Wohnungsbau zur
Verfügung gestellt. Gleichzeitig sicherte sich die öffentliche
Hand - u.a. durch die bevorzugte Förderung von Kapitalgesellschaften
- einen entscheidenden Einfluss auf die Verwendung der Mittel und
die Ziele des Wohnungsbaus.
Neben diesen allgemeinen Voraussetzungen waren auch die konkreten
Verhältnisse vor Ort in Ahlen positiv. Mit der
Ansiedlung der Zeche zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte sich die
lokale Situation und Zusammensetzung der Bevölkerung innerhalb
von zwei Jahrzehnten radikal geändert. Schon ein Blick auf die
Bevölkerungszunahme verdeutlicht die Brisanz des Wandels: Um
1900 wohnten etwa 6.500 Menschen in Ahlen, 1925 gab es bereits 22.000
Ahlener und Ahlenerinnen. Mit dem Bergbau war aus dem münsterländischen
Ackerbaustädtchen eine überwiegend industriell strukturierte
Stadt geworden. Der Bedarf an neuem Wohnraum war sehr groß und
vor allem die Zeche hatte ein starkes Interesse am Zuzug neuer Arbeitskräfte.
Aufschlussreich ist hier eine Stellungnahme des damaligen Generaldirektors
des Bergwerks von 1911:
Da die Wohnungsnot in Ahlen ungewöhnlich gross ist, so
ist von Vornherein zu befürchten, dass an Stelle von braven,
soliden Arbeitern sich vorzugsweise fluktuierendes Gesindel zu uns
drängen wird. Dieses Leutematerial ist regelmässig in der
Hand der roten Gewerkschaften, welche stets gerade auf neuen Zechen
Fuss zu fassen trachten und diesen Zweck mit derartigen Leuten am
leichtesten erreichen. Wir stehen tatsächlich vor der ernsten
Frage, ob wir unsere Belegschaft von vornherein der roten Partei ausliefern
wollen oder nicht. Das einzige Gegenmittel ist der Koloniebau ...
Mit dem Bau der Kolonie zwischen 1910 und 1924 zeittypisch
im Rahmen des Werkwohnungsbaus - entstand in Ahlen ein ganz neuer
Stadtteil für die Arbeiter, Angestellten und Beamten
der Zeche.
Gerne schicke ich Ihnen die vollständige Rede zu. Schreiben Sie
mir dazu bitte einfach eine E-Mail.
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